Weiter Zurück Inhalt

10. Der Umgang mit Klappkameras: ein Mini-HOWTO

In diesem Absatz wird in einfachen Worten alles Beachtenswerte im Umgang mit Klappkameras beschrieben --- vom Erwerb der Kamera über den Filmkauf und die Belichtung bis zum fertigen Bild. Wer neben diesem HOWTO noch eine Originalanleitung konsultieren möchte, sei auf die Anleitungen der Agfa Isola, einer Kamera mit Schraubtubus, daher also strenggenommen keine Klappkamera, oder der Pouva Start, einer einfachen Kamera mit Schraubtubus, daher also strenggenommen ebenfalls keine Klappkamera, der Perfekta Box, einer einfachen Bakelit-Kamera mit feststehendem Objektiv, daher also strenggenommen ebenfalls keine Klappkamera, Zeiss Nettar, einer soliden Klappkamera, und der Voigtländer Bessa, einer gehobenen Klappkamera mit Entfernungsmesser und Filterhalter, verwiesen.

10.1 Erwerb der Kamera

Eine Klappkamera findet man oft auf Flohmärkten (Achtung, hier werden häufig Phantasiepreise gefordert, weil das gute Stück ja so antik aussieht), bei Gebrauchtphotohändlern (hier ist zumindest eine gewisse Auswahl gegeben, und im Preis ist eine Funktionsgarantie enthalten, sofern die Kamera nicht als Bastlerware deklariert ist), oder man bekommt sie (z.B. im Familienrahmen) geschenkt. Mit etwas Glück sind die originale Bereitschaftstasche, die Bedienungsanleitung oder sogar die Originalverpackung dabei.

10.2 Überprüfung der Kamera

Hat man eine Kamera ins Auge gefaßt und kann sie aussuchen, dann sollte eine gründliche Untersuchung auf die andernorts beschriebenen Schwachstellen erfolgen. Um unnötige Enttäuschungen zu vermeiden, nehme man am Anfang nur Kameras, die idealerweise sowohl technisch in Ordnung sind als auch in diesem Artikel empfohlen werden. Wichtig sind: Geht der Schwenkmechanismus noch? Sitzt das Objektiv richtig? Läuft der Verschluß? Lassen sich Blende, Entfernung und Zeiten verstellen? Sind Löcher im Balgen?

Wenn alles geklärt ist, kann man die Kamera betriebsfertig machen.

10.3 Der Film

120-er Rollfilm gibt es in jedem besseren Photogeschäft und in kleinerer Auswahl auch in Drogerien, Großmärkten für Elektronik und Photobedarf, etc. Wenn die Kamera ein vergütetes Objektiv hat, kann man ruhig Farbfilm kaufen, z.B. einen einfachen 100ASA-Film, etwa einen Fuji Superia oder vergleichbares Material eines anderen Herstellers. Hat die Kamera kein vergütetes Objektiv, empfiehlt sich die Verwendung eines SW-Filmes für den Farbentwicklungsprozeß C41, da diese Filme in jedem Drogeriemarkt abgegeben werden können. Solche Filme werden auch von verschiedenen Herstellern angeboten. Bekannt sind der XP2 von Ilford und die entsprechenden Filme von Kodak. Konica-Material ist nicht so häufig erhältlich. Sowohl Farbnegativfilme als auch die genannten SW-Filme sind ausgesprochen gutmütig im Verkraften von Fehlbelichtungen, was bei der häufigen Instabilität der Verschlußfunktion eine wichtige Eigenschaft ist. Diafilm empfiehlt sich nur, wenn die Kamera sauber belichtet und man die Dias anschließend scant oder auf der Leuchtplatte betrachtet, da es keine bezahlbaren Projektoren für 6x9 gibt (vorausgesetzt, das Bildformat ist 6x9; bei den kleineren Formaten sieht die Welt schon wieder anders aus).

Der Film ist in einer Papier- oder Metallfolienpackung verpackt, die ohne weiteres bei gedämpftem Tageslicht geöffnet werden kann, da der eigentliche Film durch ein mit aufgewickeltes Schutzpapier vor Licht geschützt ist. Direktes Sonnenlicht ist zu vermeiden, da es dann unter Umständen zu Randbelichtungen kommen kann.

10.4 Das Photographieren im Ablauf der Handgriffe

  1. Kamerarückwand öffnen. Meistens wird dazu ein kleiner seitlicher Schieber oder Riegel betätigt, der manchmal unter einem Trageriemchen verdeckt liegt.
  2. Überprüfen, ob eine Leerspule vorhanden ist und ob sie auf der Achse ist, die von außen per Rad oder Spulknauf gedreht werden kann. Wenn man keine Leerspule vorfindet oder die eventuell vorgefundene Holzspule nicht opfern möchte, bekommt man beim nächstbesten Fachlabor Leerspulen.


    Die Holzspule ist typisch für alte Rollfilmkameras. Achtung! Wenn man die Spule behalten möchte, muß man den Film entweder selbst entwickeln oder aber die Holzspule gar nicht erst verwenden, da der Film auf der aufgewickelten Spule zum Entwickeln gegeben wird. Im Gegensatz zum Kleinbildverfahren entfällt das Rückspulen. Moderne Spulen bestehen aus Kunststoff. Die abgebildete Kunststoffspule hat im Fangschlitz ein kleines Knöpfchen, das sich in ein entsprechend ausgestanztes Loch im Deckpapier von Fuji-Filmen rasch und sicher einhakt. Knopf und Papierlochung bilden zusammen mit einer für Klappkameras nicht weiter interessanten Streifencodierung des Filmmaterials das Fuji-Easy Loading-System.


  3. Wenn die Kamera Einlegemasken oder Schwenkblenden für verschiedene Formate hat, ist jetzt die beste (und letzte) Gelegenheit zur Formatwahl. Maske eingelegt: kleineres Format; Maske entfernt: größeres Format. Selbstverständlich muß der Sucher dann auch auf die entsprechende Bildgröße eingestellt sein.
  4. Filmspule in die andere Halterung einlegen, Klebeband vom Papier lösen und Papier in die Leerspule einfädeln.
  5. An Rad oder Kurbel so lange drehen, bis auf dem Schutzpapier die Markierung <---START---> zu sehen ist. So weit kurbeln, daß die Pfeilspitzen auf Markierungen links und rechts der Filmlaufbahn zeigen. Sind keine vorhanden, ist der Deckel jetzt zu schließen.
  6. Deckel schließen, sofern nicht schon geschehen.
  7. Filmfenster auf der Deckelrückseite öffnen. Achtung: Wenn die Kamera eine Formatwahl zuläßt, dann befinden sich zwei verschiedene Fenster auf der Rückseite, und es ist dann das richtige Fenster zu öffnen (die Größenangabe ist meist in den Deckel oder den Abschlußschieber geprägt). Manchmal lassen sich beide Fenster nur gleichzeitig öffnen, weil die Abdeckung auf einem gemeinsamen Schieber sitzt. In diesem Fall muß man unbedingt auf das richtige Fenster achten.
  8. Weiter vorspulen, bis im Fenster eine ,,1'' erscheint. Diese wird meistens durch eine Folge größer werdender Punkte angezeigt, oder die ,,1'' ist von einem Kästchen eingerahmt. Hier pflegt jeder Filmhersteller seine eigenen Konventionen. Die Rückseite eines Kodak-Filmes zeigt deutlich die Zählspuren der verschiedenen Bildformate.
  9. Deckel schließen. Der Film (nicht notwendigerweise die Kamera) ist nun bereit für das erste Bild.
  10. Entfernung ermitteln und einstellen. Achtung: sobald es in den Nahbereich (alles <5m ist bei offenen Blenden wegen der brennweitenbedingt geringen Schärfentiefe kritisch) geht, sorgfältig arbeiten. Im Zweifelsfall kann man versuchen, den Spielraum der Tiefenschärfe per Tiefenschärfetabelle auszuloten.
  11. Belichtung ermitteln und eine für Film und Licht passende Blenden/Zeiten-Kombination einstellen. Aufgrund der erstaunlichen Gutmütigkeit moderner Farbfilme und SW-Filme für den C41-Prozeß reicht es meistens, den Verschluß auf 1/100 zu stellen und die Blende je nach Wetter und Film irgendwo zwischen 8 und 11 zu haben (Genauer arbeiten moderne Knipskameras übrigens auch nicht: sie verlassen sich vorsätzlich auf die große nutzbare Belichtungsspanne moderner Farbfilme). Wer es genau haben will, zieht natürlich den Belichtungsmesser zu Rate. Richtig belichtete Negative danken es durch besseres Korn, besseren Kontrast und bessere Schärfe. Nicht immer waren jedoch die Filme so gutmütig und der Belichtungsmesser ein erschwingbarer Luxus, so daß man sich früher gerne ausgefeilter Belichtungstafeln bediente.
  12. Verschluß spannen, wenn der Verschluß erst gespannt werden muß.
  13. Motiv endgültig ins Visier nehmen, sei es mit Kamera vorm Auge (via Durchguck-, Klapp oder Rahmensucher), sei es mit Kamera vorm Bauch (via Brillantsucher).
  14. Auslösen. Bei selbstspannenden Verschlüssen wird durch die etwas kraftforderndere Betätigung des Verschlusses dieser im gleichen Moment schnell noch gespannt.
  15. Achtung! Da bei den allermeisten Kameras dieser Art keinerlei gegenseitige Verriegelung zwischen Filmtransport und Verschlußbetätigung vorhanden ist, besteht die Gefahr von Doppelbelichtungen, wenn man nun vergessen sollte, den Film zu transportieren. Daher:
  16. Film weitertranportieren: Dazu (sofern vorhanden, das bildgrößenabhängig richtige) Filmfenster auf der Kamerarückseite öffnen und so lange kurbeln, bis die Ziffer für das nächste Bild erscheint. Dann weiter wie bei 9). Manche Kameras geben immer den Blick auf das Schutzpapier frei, bei ihnen braucht dann kein Schieber geöffnet zu werden.
  17. Wenn das letzte Bild (das 8. (bei 6x9), das 12. (bei 6x6) oder das 16. (bei 6x4,5)) belichtet ist, Filmkurbel weiter drehen, bis - im Filmfenster sichtbar - der Filmstreifen komplett von der Rolle abgewickelt ist. Sicherheitshalber noch ein paar Umdrehungen machen, bis man am Geräusch hört, daß der Film komplett aufgewickelt ist.
  18. Kamera (am bestem bei gedämpftem Licht) öffnen. Achtung: Direktes Sonnenlicht verursacht bei nicht straff gewickeltem Rollfilm Randbelichtungen!
  19. Spule vorsichtig entnehmen, Lasche anfeuchten und Filmende untergeknickt festkleben.
  20. Zum weiteren Photographieren leergewordene Spule auf den Platz des eben entnommenen Films stecken; alles siehe oben 2).
  21. Film zum nächstbesten Entwicklungsdienst des Vertrauens bringen. Das kann sogar der Drogeriemarkt sein. Als Kontaktersatz einfach die kleinsten und billigsten Bilder bestellen, die angeboten werden. Achtung: SW-Filmmaterialien für den C41-Prozeß machen keinen Unterschied. Einfach wie normalen Farbfilm abgeben.
  22. Bilder abholen. Achtung: Ob es scharf geworden ist, kann man meistens nicht an 5-cent-Bildern beurteilen; hier hilft nur die Untersuchung des (wunderbar großen) Negativs mit einer guten Lupe. Wenn man Diafilm belichtet hat: Streifen auf Leuchttisch legen und staunen.


Weiter Zurück Inhalt