In diesem Absatz wird in einfachen Worten alles Beachtenswerte im
Umgang mit Klappkameras beschrieben --- vom Erwerb der Kamera über
den Filmkauf und die Belichtung bis zum fertigen Bild. Wer neben
diesem HOWTO noch eine Originalanleitung konsultieren möchte, sei
auf die Anleitungen der
Agfa Isola, einer Kamera mit Schraubtubus,
daher also strenggenommen keine Klappkamera,
oder der
Pouva Start, einer einfachen Kamera mit Schraubtubus,
daher also strenggenommen ebenfalls keine Klappkamera,
der
Perfekta Box, einer einfachen Bakelit-Kamera mit
feststehendem Objektiv, daher also strenggenommen
ebenfalls keine Klappkamera,
Zeiss Nettar, einer soliden Klappkamera, und der
Voigtländer Bessa, einer gehobenen Klappkamera mit
Entfernungsmesser und Filterhalter,
verwiesen.
Eine Klappkamera findet man oft auf Flohmärkten (Achtung, hier
werden häufig Phantasiepreise gefordert, weil das gute Stück ja so
antik aussieht), bei Gebrauchtphotohändlern (hier ist zumindest eine
gewisse Auswahl gegeben, und im Preis ist eine Funktionsgarantie
enthalten, sofern die Kamera nicht als Bastlerware deklariert ist),
oder man bekommt sie (z.B. im Familienrahmen) geschenkt. Mit etwas
Glück sind die originale Bereitschaftstasche, die Bedienungsanleitung
oder sogar die Originalverpackung dabei.
Hat man eine Kamera ins Auge gefaßt und kann sie aussuchen, dann
sollte eine gründliche Untersuchung auf die andernorts beschriebenen
Schwachstellen erfolgen. Um unnötige Enttäuschungen zu vermeiden,
nehme man am Anfang nur Kameras, die idealerweise sowohl technisch
in Ordnung sind als auch in diesem Artikel empfohlen werden. Wichtig
sind: Geht der Schwenkmechanismus noch? Sitzt das Objektiv richtig?
Läuft der Verschluß? Lassen sich Blende, Entfernung und Zeiten
verstellen? Sind Löcher im Balgen?
Wenn alles geklärt ist, kann man die Kamera betriebsfertig machen.
120-er Rollfilm gibt es in jedem besseren Photogeschäft und in
kleinerer Auswahl auch in Drogerien, Großmärkten für Elektronik und
Photobedarf, etc. Wenn die Kamera ein vergütetes Objektiv hat, kann
man ruhig Farbfilm kaufen, z.B. einen einfachen 100ASA-Film, etwa
einen Fuji Superia oder vergleichbares Material eines anderen
Herstellers. Hat die Kamera kein vergütetes Objektiv, empfiehlt
sich die Verwendung eines SW-Filmes für den Farbentwicklungsprozeß
C41, da diese Filme in jedem Drogeriemarkt abgegeben werden können.
Solche Filme werden auch von verschiedenen Herstellern angeboten.
Bekannt sind der XP2 von Ilford und die entsprechenden Filme von Kodak.
Konica-Material ist nicht so häufig erhältlich. Sowohl Farbnegativfilme
als auch die genannten SW-Filme sind ausgesprochen gutmütig im
Verkraften von Fehlbelichtungen, was bei der häufigen Instabilität
der Verschlußfunktion eine wichtige Eigenschaft ist. Diafilm empfiehlt
sich nur, wenn die Kamera sauber belichtet und man die Dias anschließend
scant oder auf der Leuchtplatte betrachtet, da es keine bezahlbaren
Projektoren für 6x9 gibt (vorausgesetzt, das Bildformat ist 6x9; bei
den kleineren Formaten sieht die Welt schon wieder anders aus).
Der Film ist in einer Papier- oder Metallfolienpackung verpackt, die
ohne weiteres bei gedämpftem Tageslicht geöffnet werden kann, da der
eigentliche Film durch ein mit aufgewickeltes Schutzpapier vor
Licht geschützt ist. Direktes Sonnenlicht ist zu vermeiden, da es dann
unter Umständen zu Randbelichtungen kommen kann.
Kamerarückwand öffnen. Meistens wird dazu ein kleiner
seitlicher Schieber oder Riegel betätigt, der manchmal
unter einem Trageriemchen verdeckt liegt.
Überprüfen, ob eine Leerspule vorhanden ist und ob sie
auf der Achse ist, die von außen per Rad oder
Spulknauf gedreht
werden kann. Wenn man keine Leerspule vorfindet oder die
eventuell vorgefundene Holzspule nicht opfern möchte, bekommt
man beim nächstbesten Fachlabor Leerspulen.
Wenn die Kamera Einlegemasken oder Schwenkblenden für
verschiedene Formate hat, ist jetzt die beste (und letzte)
Gelegenheit zur Formatwahl.
Maske eingelegt: kleineres Format; Maske
entfernt: größeres Format.
Selbstverständlich muß der Sucher dann auch auf die
entsprechende Bildgröße eingestellt sein.
Filmspule in die andere Halterung einlegen, Klebeband
vom Papier lösen und Papier in die Leerspule einfädeln.
An Rad oder Kurbel so lange drehen, bis auf dem
Schutzpapier die Markierung <---START--->
zu sehen ist. So weit kurbeln, daß die Pfeilspitzen
auf Markierungen links und rechts der Filmlaufbahn
zeigen. Sind keine vorhanden, ist der Deckel jetzt
zu schließen.
Deckel schließen, sofern nicht schon geschehen.
Filmfenster auf der Deckelrückseite öffnen. Achtung:
Wenn die Kamera eine Formatwahl zuläßt, dann befinden sich zwei
verschiedene
Fenster auf der Rückseite, und es ist dann das
richtige Fenster zu öffnen (die Größenangabe ist meist in den
Deckel oder den Abschlußschieber geprägt). Manchmal lassen sich beide
Fenster nur gleichzeitig öffnen, weil die Abdeckung auf
einem gemeinsamen Schieber sitzt. In diesem Fall muß man
unbedingt auf das richtige Fenster achten.
Weiter vorspulen, bis im Fenster eine ,,1'' erscheint.
Diese wird meistens durch eine Folge größer werdender Punkte
angezeigt, oder die ,,1'' ist von einem Kästchen eingerahmt.
Hier pflegt jeder Filmhersteller seine eigenen Konventionen.
Die
Rückseite eines Kodak-Filmes zeigt deutlich
die Zählspuren der verschiedenen Bildformate.
Deckel schließen. Der Film (nicht notwendigerweise die
Kamera) ist nun bereit für das erste Bild.
Entfernung ermitteln und einstellen. Achtung: sobald
es in den Nahbereich (alles <5m ist bei offenen Blenden
wegen der brennweitenbedingt geringen Schärfentiefe
kritisch) geht, sorgfältig arbeiten. Im Zweifelsfall kann
man versuchen, den Spielraum der Tiefenschärfe per
Tiefenschärfetabelle
auszuloten.
Belichtung ermitteln und eine für Film und Licht
passende Blenden/Zeiten-Kombination einstellen. Aufgrund
der erstaunlichen Gutmütigkeit moderner Farbfilme und
SW-Filme für den C41-Prozeß reicht es meistens, den
Verschluß auf 1/100 zu stellen und die Blende je nach Wetter
und Film irgendwo zwischen 8 und 11 zu haben (Genauer
arbeiten moderne Knipskameras übrigens auch nicht: sie
verlassen sich vorsätzlich auf die große nutzbare
Belichtungsspanne moderner Farbfilme). Wer es genau haben
will, zieht natürlich den Belichtungsmesser zu Rate. Richtig
belichtete Negative danken es durch besseres Korn, besseren
Kontrast und bessere Schärfe. Nicht immer waren jedoch die
Filme so gutmütig und der Belichtungsmesser ein erschwingbarer
Luxus, so daß man sich früher gerne ausgefeilter
Belichtungstafeln
bediente.
Verschluß spannen, wenn der Verschluß erst gespannt
werden muß.
Motiv endgültig ins Visier nehmen, sei es mit Kamera
vorm Auge (via Durchguck-, Klapp oder Rahmensucher), sei es
mit Kamera vorm Bauch (via Brillantsucher).
Auslösen. Bei selbstspannenden Verschlüssen wird durch
die etwas kraftforderndere Betätigung des Verschlusses
dieser im gleichen Moment schnell noch gespannt.
Achtung! Da bei den allermeisten Kameras dieser Art
keinerlei gegenseitige Verriegelung zwischen Filmtransport
und Verschlußbetätigung vorhanden ist, besteht die Gefahr von
Doppelbelichtungen, wenn man nun vergessen sollte, den Film
zu transportieren. Daher:
Film weitertranportieren: Dazu (sofern vorhanden, das
bildgrößenabhängig richtige) Filmfenster auf der
Kamerarückseite öffnen und so lange kurbeln, bis die Ziffer
für das nächste Bild erscheint. Dann weiter wie bei 9).
Manche Kameras geben immer den Blick auf das Schutzpapier frei,
bei ihnen braucht dann kein Schieber geöffnet zu werden.
Wenn das letzte Bild (das 8. (bei 6x9), das 12. (bei
6x6) oder das 16. (bei 6x4,5)) belichtet ist, Filmkurbel
weiter drehen, bis - im Filmfenster sichtbar - der
Filmstreifen komplett von der Rolle abgewickelt ist.
Sicherheitshalber noch ein paar Umdrehungen machen, bis man
am Geräusch hört, daß der Film komplett aufgewickelt ist.
Kamera (am bestem bei gedämpftem Licht) öffnen.
Achtung: Direktes Sonnenlicht verursacht bei nicht straff
gewickeltem Rollfilm Randbelichtungen!
Spule vorsichtig entnehmen, Lasche anfeuchten und
Filmende untergeknickt festkleben.
Zum weiteren Photographieren leergewordene Spule auf
den Platz des eben entnommenen Films stecken; alles siehe
oben 2).
Film zum nächstbesten Entwicklungsdienst des
Vertrauens bringen. Das kann sogar der Drogeriemarkt sein.
Als Kontaktersatz einfach die kleinsten und billigsten
Bilder bestellen, die angeboten werden. Achtung:
SW-Filmmaterialien für den C41-Prozeß machen keinen
Unterschied. Einfach wie normalen Farbfilm abgeben.
Bilder abholen. Achtung: Ob es scharf geworden ist,
kann man meistens nicht an 5-cent-Bildern beurteilen; hier
hilft nur die Untersuchung des (wunderbar großen) Negativs
mit einer guten Lupe. Wenn man Diafilm belichtet hat:
Streifen auf Leuchttisch legen und staunen.