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8. Vertreter klassischer Kamera-Modelle

8.1 Bekannte Hersteller und Modellserien von Klappkameras

Adox

Die ursprüngliche Kamerafabrik Wirgin wurde während des Dritten Reiches erst enteignet und dann über eine Bank an Adox verkauft. Nach dem II. Weltkrieg wurde das Alteigentum der Firma Wirgin an Wirgin zurückübertragen. Später ging der Rest der Kamerafabrik von Adox pleite und wurde von Wirgin aufgekauft (W. Büchsenschütz).

Adox Golf

(Photo Christian Zahn) Die Adox Golf war für das Format 6x6cm ausgelegt, hatte ein Steinheil-Objektiv 1:6,3/75mm, Entfernungsbereich 1m bis oo, Blende von 6,3 bis 22, Pronto-Verschluß, Doppelbelichtungssperre, Drahtauslöseranschluß und Zubehörschuh. Gewicht knapp 500 Gramm.

Eine Variante der Adox Golf (Photo Roman Rohleder) ist mit einem Adoxar 4,5/75, vergütet, Pronto, B,25,50,100,200, f6,3-22, Selbstausloeser und Doppelbelichtungssperre ausgestattet.

Adox Polo

Leider momentan keine Angaben vorliegend!

Adox Sport

In zwei Versionen von 1934 bis 1958 gebaut. Zweiformatkameras für 4,5x6/6x6 bzw. 6x6/6x9.

Adox Start

(Photo von Roman Rohleder) Reine 6x9-Kamera, mit Steinheil Cassar 1:6,3/105mm, Blendenbereich 1:6,3 bis 1:32, Vario-Verschluß, Verschlußzeiten B, 1/25, 1/75, 1/200 sec. Baujahr wohl 1950 (gleichzeitig vielleicht einziges Baujahr).

Der Größenvergleich beider Kameras ist interessant. Roman Rohleder, von dem auch das Photo stammt, schreibt dazu:

Beide Kameras im Vergleich, ich denke es lohnt auf den Unterschied 6x6/6x9 hinzuweisen. Die Golf ist fast so lang, genauso hoch, aber breiter als die 6x9 Start, welche so bequemer in die Hosen/Manteltasche passt!

Adox Trumpf

Ebenfalls eine Zweiformatkamera.

Agfa

Agfa Billy

6x9, verschiedene Ausführungen mit Agnar 1:6,3/105 oder Agfa Anastigmat 1:7,7, Pronto- oder Vario-Verschluß mit den Zeiten 1/25 bis 1/200. Alter unbekannt. Gilt als das Einstiegsmodell von Agfa. Die beiden Abbildungen stammen von Stefan Nützel. Die Kamera gab es auch mit Bereitschaftstasche.

Die Billy gab es in vielen Modellvarianten. Die folgende Nachkriegs-Ausführung stammt aus dem Besitz von Roman Rohleder.

Agfa Billy Record

6x9, mit Agfa Anastigmat Igestar F:7,7, ohne Brennweitenangabe. Der Verschluß ist sehr einfach und bietet selbstspannend nur die Zeiten 1/100, 1/50, 1/25 und B. Drei Blendenstufen sind einstellbar: 16, 11 und 7,7. Die Entfernung ist in zwei Zonen einstellbar: oo bis 5m sowie 5 bis 2m. Wenn die Kamera (gegen Federspannung) in die Nahstellung gebracht wird, springt sie beim Schließen des Deckels selbsttätig in die Ferneinstellung zurück.

Agfa Isolette

6x6. Viele Modellvarianten. Wie viele Kameras dieser Zeit mit unterschiedlichen Verschluß- und Objektivkombinationen (Vario, Pronto, Prontor, Compur mit Objektiven Agnar , Apotar und Solinar - letzteres 4-linsig).

Die Isolette (Photo Torsten Wiens) und die Isolette I waren mit einem Agnar 1:4,5/85 im Pronto-Verschluß ausgestattet.

Gegenüber der Isolette I wies die Isolette II eine ganze Reihe verbesserter Ausstattungsdetails auf, die teilweise explizit auf eine Verwendung mit Farbfilm hinweisen:

Um die Auslöseverriegelung zu realisieren, wurde der Filmtransportknopf der Isolette II von der linken auf die rechte Seite verlegt.

Die Isolette III hatte einen nicht gekuppelten Entfernungsmesser, die Super-Isolette einen Meßsucher. Das Apotar ist eine verbesserte Version des Agnar . Die Isolette L hatte einen Selenbelichtungsmesser, der aber meist nicht mehr funktioniert, sowie einen auf 6x4,5 umstellbaren Sucher.

Agfa Record III

Nachkriegsmodell. Für ca. 125 Euro zu haben.

Agfa Standard

6x9, mit Agfa Anastigmat 4,5/10,5cm, Sportsucher und Laufbodenmechanik; mechanisch schönes Gerät, das leider enttäuschende Bilder macht. Die Laufbodenmechanik ist bauhistorisch ein Überbleibsel der gleichnamigen Baureihe von Agfa für Planfilm- bzw. Plattenkameras. Das gezeigte Modell wurde in Berlin auf dem Flohmarkt für 19 Euro gefunden.

Balda

Balda wurde 1908 in Dresden gegründet. Nach dem II. Weltkrieg gab es zwei Werke, das ursprüngliche in Dresden, das nach Umbenennung in Belca später im VEB Pentacon aufging, und eines in Bünde.

Der Hersteller Balda ist heute noch existent, fertigt allerdings mittlerweile Zulieferungen für die Herstellung von Mobiltelephonen und produziert schon lange keine Kameras mehr.

Baldix

Produziert zwischen 1950 und 1955 im Balda-Werk Bünde, West-Deutschland. Klappkamera für 120-er Rollfilm, 12 Aufnahmen 6x6.

Gewicht

518g;

Größe

hoch 93mm, breit 133mm, tief 45mm ( geschlossen) bzw. 105mm ( geöffnet beide Bilder von Peter Volkmar);

Optik

Ennagon 1:3,5 7,5cm C, Enna Werk München;

Blende

3,5-22;

Entfernungseinstellung

1m-oo, Tiefenschärfeskala am Objektiv;

Verschluß

Prontor-SVS, B, 1s-1/300 (1;2;5;10;25;50;100;300), synchronisiert (X,M), V (Vorlauf, hängt bei meiner, schreibt Peter Volkmar);

Sucher

Im Gehäuse, ohne Parallaxenausgleich;

Weitere Merkmale

Zubehörschuh, Filmmerkscheibe, Doppelbelichtungssperre, Filmzählwerk und Filmfenster.

Das Objektiv ist gut, vergütet, schon ab 1:4 gut zu gebrauchen. Der Sucher ist sehr klein und eher schlecht zu überschauen. Der Filmtransport ist eigentlich genial. Man spult bis zum ersten Bild vor (Kontrolle über das Filmfenster), setzt das Filmzähler mittels eines kleines Hebel und einem Drehen am Filmtransport auf "1", spannt den Verschluß, löst aus, dreht den Filmtransport erst rückwärts, dann vorwärts, dabei wird der Film transportiert, die Doppelbelichtungssperre gelöst und der Filmzähler springt auf Bild "2". Das ist sehr schnell und einfach zu machen. Leider stimmt der Filmschritt heute nicht mehr, wenn man sich darauf verläßt, überlappen sich die Negative, also muß man doch über das Filmfenster kontrollieren und etwas weiter transportieren.

Peter Volkmars Fazit: Prima immer-dabei-MF mit kleinen Schwächen beim Sucher.

Beier

Hersteller der Serien Beirax und Precisa. Die Beirax ist eine ausgesprochen einfache Kamera mit selbstspannendem Verschluß (Zeiten: T B 1/100 1/50 1/25) und Anastigmat 1:4,5 10,5cm. Die Beirax ist mittels Maske zwischen den Bildformaten 6x9 und 4,5x6 umschaltbar. Die Precisa wird nicht wirklich gelobt.

Belfoca

Belfoca, 6x9- und 6x6-Kamera (umschaltbar) aus DDR-Produktion. Mit vergütetem 105mm-Meritar und Tempor-Verschluß mit acht Zeiten und B; außerdem Synchronbuchse für Blitzgerät (auch mit anderen Verschlüssen und Objektiven zu finden). Bei dem abgebildeten Modell fehlt der Brillantsucher; dieser ist einsteckbar und kann bei Bedarf entfernt werden.

Eine andere Ausgabe der Belfoca der Belfoca ist mit Objektiv Feinmess Dresden Bonotar 1:4,5 f=10,5 cm und Verschluß Tempor 1 - 1/250 sec ausgestattet. Bei diesem Modell ist der Sucher nicht klappbar, sondern in einer trapezförmigen Ausformung der Deckkappe integriert. Darüber befindet sich ein Zubehörschuh. Flohmarktpreis 15 Euro. Die abgebildete Kamera befindet sich im Besitz von Dietmar Langenohl; von ihm stammt auch das Photo.

Certo

Certix

Kamera für die Formate 6x9 und 6x4,5 (mit Einlegemaske); Unvergütetes Objektiv Corygon Anastigmat F 3,8 10,5cm von C. Friedrich, München. Compur-Verschluß. Deutsche Blendenreihe. Ausführliche Schärfentiefentabelle auf der Rückseite. Das Bild zeigt neben der Kamera auch die Einlegemaske und einen Aufsetzsucher.

Certo Six

Die Certo Six ist 6x6 mit 80mm-Tessar (CZJ) mit DDR-Tempor oder (Synchro-)Compur-Verschluß und Meßsucher, Schnelltransporthebel und Filmzählwerk - anno 1953 der pure Luxus, gilt als ,,knackscharf''. Die Certo Six ist auch mit Meyer Priomat 3,5/80 im Tempor-Verschluß bekannt. Die Oberansicht zeigt von links nach rechts Transporthebel mit Tiefenschärfe-Skala, Entfernungsskala (gekuppelter E-Messer) und Bildzählwerk (beide Photos von W. Büchsenschütz).

Deckel

Von Deckel, München, stammt diese Kamera mit unvergütetem Rodenstock Trinar Anastigmat 1:3,8 f=10,5cm im Compur-Rapid-Verschluß und Deutscher Blendenreihe. Das Kameragehäuse selbst trägt keinerlei Hinweise auf den Hersteller.

Demaria-Lapierre

Telka XX: 6x9-Modellserie von Demaria-Lapierre. Mit Objektiv Manar-Anastigmat 4,5/110mm, Verschluß T, B, 1/25 - 1/175 sec, Selbstauslöser. Das Spitzenmodell, die Telka III, ist eine der wenigen 6x9-Kameras mit gekuppeltem Entfernungsmesser und 4-linsigem Objektiv und dementsprechend gesucht und teuer (Text und Bild: Winfried Büchsenschütz).

Ercona

Ercona 6x9; DDR-Parallelmodell zur Zeiss Ikonta, Objektiv in der Regel Novonar statt Novar . Vermutlich von 1951 bis 1954 gebaut.

Neben der Ausstattung mit Novonar gab es noch Modelle mit Original Zeiss-Optiken, z.B. dem Tessar , und Compur-Verschluß. Das Objektiv war ein 3,5/10,5 cm von Carl Zeiss Jena - und zwar bereits vergütet (rotes T graviert), somit eindeutig Nachkriegsware, eingebaut in Synchro Compur-Verschluß. Bis weit in die 1960er Jahre (d.h. auch nach dem Mauerbau) wurden DDR-Kameras (wahrscheinlich nur für den Export) teilweise mit westdeutschen Verschlüssen ausgerüstet. Ansonsten wurde auch der Tempor-Verschluß verwendet.

Winfried Büchsenschütz schreibt zu dieser Kamera:

Die Ercona war das DDR-Schwestermodell zur Ikonta. Da die Ikonta aber nie im Werk Dresden gebaut wurde, mußte dort wohl einiges neukonstruiert werden, so ist AFAIK die geschlitzte Führungsschiene bei der Ercona leicht nach unten durchgebogen, während sie bei der Ikonta s-förmig ist. (Die Zeiss Ikon Ost Taxona entspricht dagegen fast völlig der Vorkriegs-Tenax - und hieß auch eine Zeitlang so -, da sie vor dem Krieg auch im Dresdner Werk gebaut wurde).

Das Exemplar des Verfassers hat ein Tessar 3,5/105 CZJ in einem Prontor-SVS-Verschluß mit den Zeiten B 1 1/2 1/5 1/10 1/25 1/50 1/100 1/300. Als Besonderheit stehen drei Blitzsynchronisationen, X, M und V, per Umschalter zur Verfügung. Gekennzeichnet ist dieser Apparat mit dem Zeichen für Erste Wahl ( eine 1 in einem Dreieck).

Im direkten Vergleich mit einer Zeiss Ikon Ikonta fallen die nahezu identische Ausführung des Spreizenmechanismus, der Doppelbelichtungssperre und anderer konstruktiver Details auf.

Franka Kamerawerk, Bayreuth

Das Franka Kamerawerk, Bayreuth, wurde von Wirgin/Edixa aufgekauft.

Franka

6x9 und 6x6; mit Compur-Verschluß (Zeiten: T, B, 1-1/250), Objektiv: Schneider Kreuznach Radionar 105mm/4,5. Baujahr 1951.

Franka Solida I

6x6 und 4x4 auf 120er Rollfilm, Sucher durch Maske umschaltbar. Mit Objektiv Frankar Anastigmat 5.6/75mm, nur Frontlinse vergütet. Verschluß: Vario mit B, 1/25, 1/50, 1/200. Doppelbelichtungssperre vorhanden (selten). Nahezu die einzige Kamera mit der Möglichkeit des 4x4-Formates auf 120er Film.

Franka Solida II

6x6 auf 120er Rollfilm, ansonsten ähnlich der Solida I. Nach dem zweiten Weltkrieg gab es auch eine Solida I im 6x6-Format.

Solida III

Vermutlich letztes Modell der Solida-Reihe.

Die Solida-Reihe wurde von ca. 1939 bis in die 1950er Jahre gebaut. Die Objektiv- und Verschlußvarianten waren so zahlreich, daß von daher nicht auf das Modell geschlossen werden konnte. Kameras mit der Bezeichnung Solida Record stammen aus der Nachkriegszeit.

Ulrich Engel kommentiert:

Es gibt die Solida mit Schneider Radionar. Nicht ganz das Gelbe vom Ei, aber damit kann man ganz gut knipsen. Die Dinger mit Steiner- oder Röschlein-Objektiven sollte man vielleicht lieber den Kindern zum Spielen geben.

Winfried Büchsenschütz entgegnet:

Über die Bildqualität kann ich noch nichts sagen. Berauschendes wird man von den einfachen, oft nur teilweise (Frontlinse) vergüteten Objektiven wohl nicht erwarten können, jedenfalls nicht bei voller Öffnung. Auch das Schneider Radionar soll nicht gerade das beste Objektiv von Schneider sein. Ich würde sie jedenfalls nicht als Spielzeug entsorgen, sondern erstmal probieren, ob sich der Verschluß noch auslösen läßt. Leider wurden sie --- wie fast alle Kameras der billigeren Preiskategorie --- mit Vario-, Pronto- oder Prontor-Verschlüssen bestückt, und die sind nach jahrelangem Nichtgebrauch meist schwer verklebt (an meiner Franka so sehr, daß ich schließlich den Verschluß zum Reinigen komplett zerlegen mußte).

Fuji

Auch in Japan gab es ein großes Angebot von Klappkameras in verschiedener Qualität. Die Fujica Six ist eine 6x6-Kamera, vermutlich aus den 1950er Jahren. Das typische Design, das der Kamera auch geschlossen und von oben ein unverwechselbares und markantes Erscheinungsbild verleiht, folgt dem allgemeinen Geschmack, der japanische Industriegüter jener Zeit prägte. Das Objektiv ist ein Fujinar 1:3.5 f=7.5cm. Die Kamera ist von hervorragender mechanischer Qualität; die Entfernungseinstellung erfolgt nicht mittels Verstellung der Frontgruppe, sondern durch Verstellung des gesamten Objektivs. Der Verschluß von Seikosha hat als kürzeste Belichtungszeit 1/500sec.

Hapo

Von Porst (daher HAPO: HAns POrst, dem Vater von Hannsheiz Porst) gab es in den frühern 1950er Jahren die Hapo66E 6x6 mit Enna-Haponar 1:3,5 oder 1:4,5 und Pronto-Verschluß (B, 1/25 bis 1/200), mit (allerdings nicht gekuppeltem) Entfernungsmesser; nach Aussage von Winfried Büchsenschütz nicht so scharf wie Agfa Isolette und bei Blende 1:3.5 nicht zu gebrauchen.

Im Gegensatz dazu wies die HAPO66 (ohne E) keinen Entfernungsmesser auf und wurde von Dacora hergestellt.

Winfried Büchsenschütz schreibt zum Bildzählwerk der Hapo66E:

Das Bildzählwerk der Hapo66E - das ist eine Sache für sich, weil es kein echtes Zählwerk ist. Nachdem Du den Film eingelegt und auf 1 vorgespult hast (rotes Fenster), mußt Du erstmal den kleinen Hebel unterm Transportknopf zur Seite drücken und den Transportknopf rückwärts drehen, bis die Anzeige auf 1 steht. Zum Filmtransport mußt Du den Knopf auch erstmal rückwärts bis zum Anschlag drehen, dann vorwärts, bis die Anzeige umspringt, und dann weiter vorwärts rödeln, bis die nächste Bildnummer im roten Fenster erscheint. Wenn Du - wie sonst gewohnt - nur vorwärts drehst, springt die Bildnummer nicht um (und die Doppelbelichtungssperre bleibt auch drin). Falls Du das Oberteil abnimmst, um innen zu putzen: der Transportknopf ist (wg. Ratschenmechanismus) ziemlich fummelig wieder aufzusetzen. Falls das Bildzählwerk tatsächlich irgendwie gestört sein sollte, laß es am besten so und geh weiter nach dem roten Fenster (das Du für korrekten Transport ohnehin brauchst).

Hongmei

Die Hongmei ist eine chinesische 6x6- und 6x4,5-Kamera, Format umschaltbar über fest eingebaute Umklappmasken. Mit 7,5cm-Objektiv 1:4,5, Synchronbuchse und Durchsichtsucher. Entspricht, vom fehlenden Meßsucher abgesehen, weitgehend der Agfa Super-Isolette. Verfügt über einen bei diesem Kameratyp seltenen Schnelltransporthebel (aber kein Zählwerk, Transportkontrolle über rotes Fenster). Hier nur aufgeführt, um die internationale Verbreitung dieses Kameratyps zu demonstrieren. Hergestellt in Changzhou, China, wurde sie in Deutschland eine Zeitlang von Neckermann vertrieben. Das rote (chin. hong), fünfblättrige Logo stellt eine Pflaumenblüte (chin. mei) dar, in deren Zentrum sich ein Kameraverschluß befindet. Diese Kamera wurde allerdings in China erworben. Gelegentlich bekam man diese Kamera auch mit einer robusten Bereitschaftstasche.

Ihagee

Auch Ihagee hatte mindestens eine Sport-Rollfilm-Kamera im Angebot. Die abgebildete Kamera (Photo Christian Zahn) war mit einem Ihagee-Sol-Anastigmat im Alfred Gauthier Culmbach Prontor-II-Verschluß bis 1/150 sec ausgestattet. Außerdem konnte sie für zwei Bildformate (6x9 und 6x4,5) verwendet werden. Sie verfügt nicht über einen Blitzkontakt. Baujahr möglicherweise ca. 1934 bis 1936.

Iskra

Nachfolgemodell der Moskwa, Format 6x6, mit Meßsucher, ähnlich der Agfa Super-Isolette. Einige Modelle wohl mit Schnelltransporthebel.

Mamiya

Auch die Japaner bauten Klappkameras, fast nur für 6x6-Format. Hierzulande sehr selten zu finden. Mit gekuppeltem Entfernungsmesser und einzigartiger Entfernungseinstellung über Verschiebung der Filmbühne. Nachkriegsmodelle meist mit Olympus Zuiko 4.5/80mm und verschiedenen japanischen Verschlüssen. Aber auch mit seltsamen Objektiv-Verschluß-Kombinationen (es wurde mal eine mit Kodak-Verschluß und Zeiss-Tessar-Objektiv gesehen), da im Nachkriegs-Japan verbaut wurde, was zu bekommen war. - Weitere Klappkameras gab es von Minolta, Petri, Aries usw.

Moskwa

Hersteller: KMZ=S.A. Zverev-Krasnokorsk Mechanische Fabrik. Produziert seit 1946 in der Moskauer Region.

Bekannte Kopie der Zeiss Super Ikonta C.

Internationale Preiseinschätzung für alle Moskwa-Typen: 75-125 USD.

Peter Müller ergänzt zum Problem der bekannten wolkigen Schärfe der Moskwa-Kameras:

Die Moskwa Rollfilmkameras sind mechanisch äußerst robuste Kameras, die allerdings nicht die hohe feinmechanische Qualität ihres Vorbilds, nämlich die Super Ikonta von Carl Zeiss, erreichen. Allerdings sind wie beim Vorbild die Modelle mit einem Drehkeilentfernungsmesser (Photo von W. Büchsenschütz) ausgestattet, der aufgrund des größeren Drehwinkels als beim Spiegelentfernungsmesser eine sehr hohe Einstellgenauigkeit erreicht. Weiterer Vorteil: die Drehkeile müssen nicht unbedingt im Gehäuse sitzen, sondern können "in luftiger Höhe" neben dem Objektiv befestigt werden (hier sogar einklappbar). Zu Recht besteht deshalb die Frage bei einem Teilnehmer der Newsgroup: Warum die Bilder trotz der genauen Entfernungsmessung nicht knackscharf herüber kommen. Die Russen haben als Reparationsleistung die Maschinen und Konstruktionspläne von Zeiss Ikon Dresden benutzt, sondern auch das Objektiv sklavisch genau kopiert. Das Orginal, die Super Ikonta, macht mit dem Tessar Objektiv die gleiche "wollige Schärfe". Dabei ist das schlechteste Tessar-Objektiv, das jemals in eine Kamera eingebaut worden ist, das 2,8/80mm in die Rolleiflex von 1950. Folglich gibt es beim Tessar oder Tessar Typ erhebliche Unterschiede.

Martin Jangowski schrieb dazu:

Meine eigenen Erfahrungen mit 6x9-Balgenkameras war mit zwei Ikonta-Kopien aus Russland, die Moskwa-2 und die Moskwa-5. Beide von den Features sehr fein, auch rein äußerlich sauber gebaut und gut gefertigt, beide hatten E-Messer und die Objektive waren von der Papierleistung sehr gut (Tessar-Nachbauten). Leider war den beiden kein wirklich scharfes Bild zu entlocken (ich hatte ja als Vergleich Rollei, ebenfalls mit Tessar und wusste daher, was damit machbar war). Daher sind beide Richtung Ebay gewandert, die diversen deutschen Dreilinser hab ich erst gar nicht ausprobiert, die besseren Kameras mit Tessar, Solinar usw. sind schon reichlich teuer und sprengen den Preisrahmen [von 50 Euro].

Moskwa-2

Objektiv: Industar-23, f4.5/110mm, Verschluß: Moment-1 Zentralverschluß 1-1/250, und B. Baujahr 1947-1956; Stückzahl: 197640.

Moskwa-4

Objektiv: Industar-23, f4,5/110mm, Verschluß: Moment-23C, Zentralverschluß 1-1/250, und B. 6x6-Einlegemaske, Blitzsynchronisation. Baujahr: 1955-1958. Stückzahl: 62632.

Moskwa-5

(Photo von W. Büchsenschütz) Objektiv: Industar-24, 3.5/105mm. Verschluß: Moment-24C 1-1/250 und B, Selbstauslöser, Blitzsynchronisation. Baujahr: 1956-1960. Stückzahl: 216457.

Michael Hulsch schrieb zu dieser Kamera:

Ich habe mal eine Moskau 5 ausprobiert. Von der Schärfeleistung kam ich auf das Niveau meiner KB mit einem billigem Zoom (des der Braun SR2000, ein 3,5-4,5 28-70er). Bei SW-Filmen war meine KB mit 50er Normalobjektiv doch deutlich besser. Die dem größern Negativformat anhaftenden Vorteile sind durch die deutlich schlechtere Vergütung des Objektivs leider auf der Strecke geblieben. Einzig, was geblieben ist, waren die praktisch kornfreien Vergrößerungen mit 400er Film, die dann das Niveau bei 24x30 von sehr feinem 100er Film in der KB erreichen.

Roman Sonnleitner schreibt dazu:

Moskva 5: im Gegensatz zu denen der anderen Kommentatoren macht meine sehr scharfe Bilder. Angeblich war bei dieser Kamera (wie bei vielen russischen Modellen) die Qualitätsstreuung der Objektive sehr hoch - das Objektiv selbst ist also durchaus eine gute Konstruktion, allerdings gelangten auch mangelhaft gefertigte in den Verkauf; weiters zu erwähnen wäre vielleicht noch, daß die Kamera serienmäßig mit einer Maske für das Format 6x6cm ausgerüstet war, und auch eine Doppelbelichtungssperre hat.

Pierrat

Drepy FT: Von Andre Pierrat, Paris, seit 1945 gebaute Modellserie von 6x9-Kameras. Dieses Modell mit Objektiv Pierrat Drestar (4-Linser), 4,5/105mm. Verschluß Drestop (B, T, 1 - 1/250sec), Selbstauslöser, Doppelbelichtungssperre. Ganz offensichtlich den 6x9-Ikontas (Gehäuse) bzw. dem Compur (Verschluß) nachempfunden. Es gab auch einfachere Modelle mit Meniskus- oder Dreilinser-Objektiv (Drestyl) und vereinfachten Verschlüssen (Text und Bild: Winfried Büchsenschütz).

Plaubel

Plaubel Makina Vom Frankfurter Kamerahersteller Plaubel gab es zwei ausgesprochen interessante Serien von Klappkameras. Die älteren Plaubels waren z.B. mit Anticomar-Objektiven (in der Lichtstärke 1:2,9) und Compur-Verschluß ausgestattet, und erlaubten als so ziemlich einzige Vertreter des Klappkamera-Prinzips die Verwendung von Wechselobjektiven. Da der Balgen und die Scherenspreize in die Scharfeinstellung einbezogen waren, hatte die Kamera zwei Schärfenskalen am Balgen, eine für Weitwinkelobjektive und eine für Normalobjektive. Die Kamera, von der Konzeption her eigentlich eine Plattenkamera, konnte mit einem Rollfilmrückteil ausgestattet werden. Die Kamera ist ausgesprochen schwergewichtig und ohne zusätzlichen Handgriff nur umständlich zu bedienen, da man nicht weiß, wo man mit den Händen hinsoll. Vorne kann man die Kamera schlecht halten, da links die Einstellschraube für die Entfernung ist, und hinten kann man sie auch nicht halten, da sie dann hoffnungslos kopflastig wird. Mit etwas Geduld entstehen jedoch sehr gute Bilder, da das Objektiv ausgezeichnet ist und die Scharfeinstellung auch sehr präzise arbeitet. Dies erklärt auch, warum sie im Photohandel für 300 Euro und mehr verkauft wird.

Neuere Plaubels gehören eigentlich in einen separaten Abschnitt und werden weiter unten behandelt.

Seagull

Seagull 203, eine chinesische Nachahmung der Agfa Super Isolette, ähnlich der Hongmei . Im Gegensatz zur Hongmei hat die Seagull (chin. hai'ou) allerdings einen gekuppelten Entfernungsmesser. Das abgebildete Modell hat ein Objektiv S-111-2 3.5/75 in einem Verschluß mit (fast) internationaler Zeitenreihe: B 1 2 4 8 15 30 60 125 300.

Von dieser Kamera gab es unter der Bezeichnung 203-1 verschiedene Varianten, z.B. ein Modell mit metallenem Spannhebel und Belichtungsrechner anstelle des Zubehörschuhs. Trotz des Aussehens handelt es sich hier nicht um einen Belichtungsmesser; die versenkte Skala rechts hat sechs Felder (z.B. helles Zimmer, Schatten, Schnee), die mit dem Sonnenstand korreliert werden; es kann dann der ungefähre LV abgelesen werden.

Voigtländer

Voigtländer ist das traditionsreichste deutsche Unternehmen im Kamerabau, hat aber nach einer langen Niedergangsphase in den 1970er Jahren aufgehört, als eigenständiges Unternehmen zu existieren. Eine wechselvolle Geschichte führte dazu, das Voigtländer nur noch als Markenname überlebt.

Bessa

(Vorkriegsvariante, 1929-1938): Die echten aus den späten 1920er Jahren. 6x9- bzw. 6x11-Format. Ab 1932 dann als ,Zweiformat-Bessa' (6x4.5/6x9) produziert. Aehnliche Typenvielfalt wie bei der Zeiss Ikonta-Konkurrenz. Mit Objektiven Vaskar, Voigtar, (3-Linser), Skopar (4-Linser, soll mindestens so gut wie das Tessar sein). Als Verschlüsse kamen Singlo, Pronto und Compur zum Einsatz, bei der Bessa 6x11 auch der Embezet.

Als Sucher bot die Kamera einen Brillantsucher und einen einfachen Rahmenklappsucher, die letzte Baureihe dann einen optischen Klappsucher, der unter einer Schutzhaube zusammengefaltet werden konnte.

Frühe Modelle mit Auslöser am Verschluß, späte Modelle mit Auslöser im Laufboden und Springmechanismus der ,Entfernungsmesser-Bessa'; (s.u.). Diese Variante ist sehr selten und entsprechend teuer.

Entfernungsmesser-Bessa

(Bessa-RF, Super-Bessa): Entfernungsmesser-Bessa war der Name, der eine Weile nach der Markteinführung auf dem deutschen Markt gewählt wurde, um Verwechslungen mit der Bessa ohne Meßsucher zu vermeiden. Bessa-RF und Super-Bessa waren die Namen auf dem internationalen Markt.

Vorkriegsvariante (1936-1939)

Technisch aufwendigeres Schwestermodell der Bessa, mit gekoppeltem Entfernungsmesser. Format 6x4.5 und 6x9, 6x4.5-Rotfenster wird nur bei eingelegter Formatmaske freigeschaltet, zuschaltbare Formatmaskierung für 6x4.5 im Sucher.

Springmechanismus, Auslöser im Laufboden, frühe Modelle mit abnehmbarem klappbarem Gelbfilter, der bei den meisten angebotenen Modellen mittlerweile fehlt. Gegenüber der Bessa wurde der Brillantsucher eingespart und stattdessen ein optischer Sucher neben dem Entfernungsmesser in der schwarz lackierten Deckkappe eingebaut.

Objektive: Helomar (3-Linser), Skopar (4-Linser), Heliar (5-Linser), jew. 3.5/105, unvergütet;

Verschluß: Compur-Rapid

Nachkriegsvariante (1948-1950)

Siehe Vorkriegsvariante, jedoch ohne Filter und Filterhalter.

Objektive: Color Skopar, Heliar, Color-Heliar, jeweils 3.5/105, einfach vergütet;

Verschluß: Compur-Rapid.

Auch zur Entfernungsmesser-Bessa ist eine Bedienungsanleitung verfügbar.

Martin Etteldorf hat eine Anleitung zur Justage des Entfernungsmessers der Bessa veröffentlicht.

Bessa 6x9

(Nachkriegsvariante, 1947-50): Wie Vorkriegsvariante mit optischem Klappsucher.

Objektive: Color-Skopar und Vaskar;

Verschluß: Prontor-S, Compur-Rapid.

Bessa I

(1950-1955): Kamera für die Formate 6x9 und 6x4,5, logische, deutlich modernisierte Weiterentwicklung der Nachkriegs-Bessa (Bessa 6x9), einige technische Details der ,Entfernungsmesser-Bessa' wurden übernommen.

Objektiv: Vaskar und Color-Skopar;

Verschluß: Prontor, Prontor-S, Prontor-SVS, Compur-Rapid und Synchro-Compur.

Erste Bessa mit Doppelbelichtungssperre und Gehäuseauslöser. Parallaxenausgleich und Formatmaskierung für 6x4.5 im fest eingebauten optischen Sucher.

Bessa II

(1950-1955): Format 6x9 (nicht auf 6x4.5 umschaltbar!), logische, vorsichtig modernisierte Weiterentwicklung der Entfernungsmesser-Bessa. Verbesserungen gegenüber dieser: Echter Messucher, sonst technisch identisch. Gehäuseform etwas modernisiert, einige Bedienelemente ergonomischer gestaltet und verchromte Deckkappe/Bedienelemente.

Objektive: Color-Skopar, Color-Heliar und Apo-Lanthar (letzteres vergleichsweise selten, im Sommer 2002 wurden für eine solche Kamera im Rahmen einer Internet-Auktion weit über 1200 Euro geboten);

Verschluß: Synchro-Compur und Prontor-SVS.

Varianten:

Bessa 46

Baujahr ca. 1947-1955. Sehr kompakte Kamera für das Format 6x4,5. Mit Bildzählwerk und fest eingebautem optischen Sucher.

Objektiv: Voigtar, Vaskar, Skopar und Heliar 3.5/75;

Verschluß: Compur und Compur-Rapid.

Klappfilter ähnlich der Bessa RF, jedoch fest angeschlagen. Die Kamera verfügt außerdem über eine Schärfentiefeskala. Der Vergleich der Bessa 46 mit der Bessa I zeigt die unterschiedlichen Größen dieser beiden Kameramodelle.

Bessa 66

Baujahr ca. 1933-1955. Vorkriegsvarianten mit Rahmenklappsucher oder optischem Klappsucher, Nachkriegsbaureihe im Design identisch mit der Bessa 46 (fest eingebauter Fernrohrsucher).

Objektiv: Voigtar, Vaskar, Skopar und Heliar 3.5/80;

Verschluß: Compur und Compur-Rapid.

Klappfilter ähnlich der Bessa RF, jedoch fest angeschlagen. Die Kamera verfügt außerdem über eine Schärfentiefeskala.

Welmy

WelmySix: Einer der zahlreichen Zeiss-Ikonta 6x6-Nachbauten aus dem Nachkriegs-Japan. Objektiv Terionar 3,5/75mm, Verschluß B, 1 - 1/200 sec. Mit einem zusätzlichen 'Um-die-Ecke-Sucher', bei dessen Verwendung (Sucherbild ist seitenverkehrt) das gerade Halten der Kamera etwas Übung verlangt (Bild und Information: Winfried Büchsenschütz).

Welta

Welta in Freital/Sachsen war einer von mehreren dort ansässigen Kameraherstellern (s. a. Pouva ). Neben der Welta Perle für das Format 6x9 gab es noch die Weltax für 6x6 bzw. 6x4,5.

Welta Perle

6x9. Verschluß: Prontor Selbstspannverschluß (gilt auch in Verbindung mit dem Selbstauslöser); Zeiten: 1/25,1/50,1/100, B und T; Objektiv: Schneider Kreuznach Radionar (3-Linser) 1:4,5/10,5 cm, unvergütet, beste Ergebnisse bei Blende 11. Sucher: Rahmensucher und Brillantsucher; Auslöser: Selbstspannhebel, über Selbstauslöser oder Drahtauslöser ebenfalls möglich (keine Gehäuseauslösung vorhanden). Rotes Filmnummernfenster durch Chromring verstärkt, aber nicht verschließbar; Hochglanzverchromung der vorderen Kameraplatte für die Entfernungseinstellung, der Kamerastreben, des Auslösers, des Aufzugsschlüssel sowie des Aufstell- und Herauszugshebels des Laufbodens, alle anderen Teile-Chrom matt gebürstet.

Peter Müller bezeichnet diese Kamera als seine Lieblings-Klappkamera und führt aus:

Die Kamera beeindruckt schon rein optisch durch die im Chrom matt gebürsteten Kanten, die im Kontrast zur schwarzen Belederung stehen. Allerdings ist der Ausdruck Kanten eigentlich falsch gewählt, die Kamera ist insgsamt wohltuend abgerundet.

In mir keimt ein Verdacht auf. Ich hole meine Leica III zum Designvergleich - tatsächlich, die Welta-Konstrukteure haben sich an der Leica orientiert. Mir fällt weiterhin auf, dass die Welta nur in der Länge größer ist als die Leica. Welta = Länge 15 cm ohne Ledergriffhalter (nur das Gehäuse); Höhe= 7,2 cm; Tiefe=3,4 cm, und die Welta ist wesentlich leichter als die Leica III (grob in der Hand gewogen). Man kann also ohne weiteres von einer Kompaktkamera 6x9 sprechen. Die Ähnlichkeit wird noch durch die Prägestruktur des Leders erhöht, aber die Leica hat einen Vulkanitbezug (Kunstleder).

Konstruktionsmerkmale: Ich rücke dem Geheimnis der Kompaktheit der Welta näher, indem ich den Laufboden mit der Standarte nebst Lederbalgen aufklappe. Die Führungsschienen für den Klappmechanismus sehen zunächst nicht sehr vertrauenserweckend aus. Ich rüttele an der Standarte und den Laufboden - nanu, das sitzt ja bombenfest! Die Konstrukteure haben eine zusätzliche Querstange nach hinten verlagert eingebaut; deshalb entfällt auch die Ausbuchtung des Laufbodens, wie bei anderen Kameras, und sorgt bei den Scherenspreizen für zusätzliche Stabilität. Der Auszug des Balgens erfolgt durch eine Platine und damit auch die Entfernungseinstellung. Durch die nach hinten versetzte Konstruktion sind die beiden Rollfimklammern deutlich zu sehen. Ich öffne die Kamera hinten, um näher zu sehen, und ich erkenne zwei aufklappbare Rollfilmspulenkammern, die beim Öffnen den Stift für die Rollfilmspule automatisch hochdrücken und umgekehrt. Überhaupt ist die Kamera um diese zwei Spulenkammern herum konstruiert worden; ähnlich z.B. Leica; Rollei 35; Minox 35 etc., deshalb diese Kompaktheit trotz des 6x9cm-Formats. Aber warum ist die Kamera so leicht? Die abgerundeten Formen aus gebürstetem Chrom sehen aus wie Aluminium, aber ich glaube das nicht, das wäre eher eine photohistorische Sensation. Ich drücke mit beiden Daumen gegen die Rückwand zur Probe, die auch bei einigen Nobel-Marken von heute, Typ Spiegelreflex, nachgibt, aber es rührt sich nichts. Ich stehe vor einen Rätsel. Trolitan, ein dem Bakelit ähnlicher Kunststoff, den Agfa gelegentlich verwendet hat, kann es nicht sein, die Kamera ist ganz aus Metall. Die nächste Überraschung bietet der Sucher, der ein Doppelrahmensucher ohne Optik ist. Die obere Begrenzung des kleineren vorderen Sucherteils ist so dünn, daß man denkt, der bricht irgendwann mal durch, aber das Teil ist insgesamt massiv gebaut. Beim Sucherdurchblick erhellt sich der Sinn der Konstruktion sofort, weil die Sucherbegrenzung eindeutig zu erkennen ist und eine Zuordnung sogar der Parallaxe ermöglicht.

Die Kamera ist schnell einsatzbereit durch den Prontor-Selbstspannverschluß und die oben (nur im Hochformat) einstellbare Entfernung, die nicht am Objektiv erfolgt. Selbst an solche Kleinigkeiten wie eine Blind-Einschraubhülle neben der Standarte ist gedacht, damit der Drahtauslöser nicht verloren geht (Der Hasselblad-Magazinschieber läßt grüßen).

Fazit: Die Welta Perle ist als 6x9 Kompaktkamera auch nach heutigen Maßstäben relativ gut für die Praxis geeignet.

Welta Trio

Die Welta Trio ist eine einfache 6x9-Kamera.

Weltax

Die Weltax ist eine Zweiformatkamera für 6x6 und 6x4,5. Oft mit Meritar oder Trioplan, auch mit Tessar, und verschiedenen Verschlüssen (auch dem westdeutschen Prontor). Am besten sind die Apparate mit dem Zeichen für Erste Wahl (eine 1 in einem Dreieck) oder dem Qualitätskennzeichen (ein Q in einem Dreieck). Die Weltax wurde eine Zeitlang vom Rheinmetall-Werk in Sömmerda montiert. Der Sucher ist neben der Formatauswahl auch mit einem Parallaxenausgleich für Nahaufnahmen ausgestattet (Photos von W. Büchsenschütz).

Auch zu dieser Kamera gibt es eine Anleitung, die dankenswerter Weise von Peter Volkmar zur Verfügung gestellt wurde.

Geliefert wurde die Kamera in einem blauen Karton (Photo Peter Volkmar).

Zeiss Ikon

Zeiss Ikon war lange Zeit ein führender Hersteller von optischen Geräten. Ursprünglich mit Sitz in Dresden. (Zeiss Story).

Zeiss Ikonta

Baureihe von Klappkameras für das 6x6- und das 6x9-Format.

Einfachmodell 6x9 mit einer Vielzahl von Varianten und diversen Verschlußbestückungen, etwa mit selbstspannendem Zeiss Ikon-Verschluß mit drei Zeiten und B sowie Novar -Anastigmat 10,5cm, 1:6,3 oder 1:4.5; Vorkriegsmodell Super Ikonta 530/16 mit Tessar 2,8/80mm, unvergütet, und eingebautem Entfernungsmesser, ca. 150 Euro. Zum Scharfstellen wird nicht das ganze Objektiv, sondern nur die vordere Linsengruppe bewegt, was den Einstellweg auf etwa 1/3 bis 1/4 reduziert und eine einfache Kopplung an den Drehkeil des Entfernungsmessers zuläßt. Allerdings läßt bei dieser Art Fokussierung die Abbildungsleistung im Nahbereich etwas später als bei der Auszugsfokussierung nach.

Das Vorkriegsmodell Super Ikonta 6x6 (1933) wurde beworben als die erste Großbildcamera mit Kleinbildcamera-Vorteilen.

Spitzenmodell Super Ikonta C mit Compur-Verschluß, Tessar und Meßsucher; allerdings teilweise vierstellige DM-Preise.

Daneben auch einige 6x6-Modelle mit Druckguß- statt Blechgehäuse, die daher wesentlich robuster sind. Auch mit Entfernungsmesser ( Meß-Ikonta) oder (meist defektem) Selen-Belichtungsmesser.

Der Verfasser besitzt eine 6x9 Ikonta 521/2 mit Compur-Rapid-Verschluß (Verschlußzeiten von B, 1, bis 1/400, aber ohne T) und Novar -Anastigmat 1:3,5 f=10,5cm. Das Modell weist einen Durchsichtsucher mit Linsen (statt eines einfachen Klapprähmchens) auf, hat aber weder Brillantsucher noch Entfernungsmesser. Dafür ist der Auslöser mit dem Filmtransport verriegelt: Nur nach Weitertransportieren des Films kann der Auslöser erneut betätigt werden. Die Kamera gab es im Gebrauchthandel für 65 Euro (mit Originaltasche, guter Zustand). Eine andere Ikonta im Besitz von W. Büchsenschütz zeigt dieses Bild.

Eigen ist fast allen Kameras der Ikonta-Reihe, daß der Filmtransport nicht über ein Handrad, sondern einen kleinen aufstellbaren Knebel erfolgt.

Zeiss Ikonta 530/16

Diese 6x6-Kamera (Photo von Alexander Kraus) ist mit einem gekuppelten Entfernungsmesser ausgestattet und der Urvater der Moskwa-Kopien. Gut erhaltene Exemplare kosten oft mehrere Hundert Euro.

Zeiss Ikon Super Ikonta IVb

Diese 6x6-Kamera ist mit Tessar-Objektiv und Belichtungsmesser ausgestattet.

Zeiss Nettar

6x9, Novar . Hans-Dieter Oberle schrieb dazu:

ich habe eine Zeiss Nettar 6x9 mit einem Novar Anastigmat 1:4,5 105mm, die ich mir auf einem Foto-Flohmarkt gekauft habe. Nach Reparatur des Verschlusses und Abdichten des Balgens macht die Kamera gute Bilder, die im Vergleich zu KB mit Minolta SLR und 35-70 mm Zoom von der Schärfe und Farbsättigung viel besser sind.

Von der Zeiss Nettar gibt es viele verschiedene Varianten. Der Verfasser besitzt ein Nettar Modell Nr. 515/2 mit ``Nettar-Anastigmat'' (Anführungszeichen Bestandteil der Gravur) 1:4,5 f=11cm, mit Klio-Verschluß.

Es gibt sie aber auch (bei gleicher Typenbezeichnung) als gehobene Variante mit Nettar-Anastigmat 10,5cm 1:4,5 im Compur-Verschluß und als einfachste Variante mit Nettar-Anastigmat 1:6,3 10,5cm im Derwal-Verschluß mit der Zeitenreihe T B 100 50 25.

Eine ausgesprochene Besonderheit ist die Zeiss Ikon 511/2 Modell Simplex mit Nettar-Anastigmat im Telma-Verschluß, deren Gehäuse vollständig aus Bakelit gefertigt ist.

Eine andere Nettar ist das Modell 518/16 mit einem 1:4,5 75er Novar Anastigmat und Zeiten von 1/10 bis 1/200 und B. Michael Hulsch schreibt zu diesem Modell:

Mit der erreiche ich jedenfalls noch kein KB-Niveau, bzw. meine Minox 35ML liefert auch mit Enfernungsschätzen immer noch bessere Bilder. Vor allem *wehe* es ist ein Hauch von Streulicht in Richtung Objektiv - trotz Vergütung des Anastigmaten.

Roman Sonnleitner bestätigt zu seiner Zeiss Ikon Nettar 517/16 mit Novar Anastigmat 75/6,3 im Vario-Verschluß die Einschätzung von Michael Hulsch in puncto Streulichtempfindlichkeit und Objektivqualität.

8.2 Weitere deutsche Modelle

Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts gab es Dutzende Modelle von fast allen deutschen Kameraherstellern, von denen viele längst vergessen sind: Dacora, Braun Norca usw., die Spitzenmodelle teilweise mit Entfernungsmesser. Fast alle waren aber eher für Amateure als für zukünftige MF-Profifotografen gedacht, und die Bildqualität war nicht immer berauschend. Daneben finden sich aus dieser Zeit auch namenlose Modelle. Da die Schlüsselkomponenten (Objektiv und Verschluß) sehr oft fremd bezogen wurden, konnte im Prinzip jede feinmechanische Blechwerkstatt ihre eigene Kamera produzieren.

Eine Ausnahme bildet die Patent-Etui mit Tessar der Dresdner Kamera-Werkstätten. Diese Kamera konnte wahlweise Plattenmaterial und Rollfilm (mit entsprechendem Magazin) verarbeiten, hatte ein hochwertiges Tessar-Objektiv mit Compur-Verschluß und außerdem eine vertikale Verstellmöglichkeit (neudeutsch Shift genannt). Die Abbildung zeigt anhand einer Filmdose für Kleinbildfilm, wie klein die Kamera in zusammengeklapptem Zustand ist.


Die Patent-Etui aufgeklappt. Auf der Rückseite halb aufgeschoben ist die Mattscheibe für die Scharfeinstellung, daneben liegt das Rollfilmmagazin. Die Dose eines Kleinbildfilms dient zum Größenvergleich.


Mit der Patent Etui lassen sich dank Mattscheibe und vertikaler Objektivverstellung auch anspruchsvollere Aufgaben als mit einfachen Klappkameras lösen, wobei man sich vom vertikalen Verstellweg (ca. 10mm) keine Wunder erwarten darf, da er nur etwa 1/9 der langen Negativkante beträgt. Dennoch soll hier ein Beispiel gezeigt werden.


Das linke Bild ist ohne Verstellung, das rechte Bild mit Verstellung entstanden. Während der Verstellung von Aufnahme 1 auf Aufnahme 2 wechselte das Licht, so daß die Bildwiedergabe unterschiedlich ausfällt, da die gezeigten Aufnahmen vom Kontaktabzug gescant und nur geringfügig nachbearbeitet wurden.


8.3 Exoten

In den 20er Jahren gab es noch eine Reihe anderer ulkiger Rollfilmformate (828, 820, 620 - letzteres ist gleich 120, bloß andere Spulen mit schlankeren Abmessungen; oben 120, unten 620), die alle Breiten zwischen ca. 5 und 7 cm hatten, aber heute praktisch nicht mehr zu bekommen sind. Bei so alten Dingern muß man immer nachfragen, ob die betreffende Kamera wirklich für Rollfilm 120 geeignet ist. Manchmal ist der Filmtyp irgendwo in oder an der Kamera angegeben. Bei deutschen Kameras steht dann aber eher der entsprechende Agfa-Typ (obige Filmbezeichnungen stammen von Kodak) drin, bei 120er Film evtl. die (übrigens in D genormte) Bezeichnung 'B II 8'.

Vor allem diverse Kodak-Modelle, wie die Kodak Vollenda 620 mit Kodak Anastigmat f=1:4,5 F=10,5cm, haben diese merkwürdigen Filmformate verwendet, daneben auch einige französische und englische Modelle, die aber alle ein ähnlich breites Qualitätsspektrum besetzten wie deutsche Kameras. Der einzige Vorteil des 620er Filmformats ist die etwas schlankere Bauweise der Kameras, wie hier im Vergleich zwischen einer Kodak Vollenda 620 (links) und einer Voigtländer Bessa I (rechts) zu sehen ist.

8.4 Platten- bzw. Planfilmkameras

Kameras, die von der Bauart her für Planfilm bzw. Platten konzipiert sind, weisen zwar viele Gemeinsamkeiten mit den hier besprochenen Klappkameras auf, werden aber nur kurz vorgestellt.

Im Gegensatz zu Klappkameras für Rollfilm besitzen sie immer eine abnehmbare Mattscheibe (siehe auch die Illustrationen zur Patent Etui). Das Filmmaterial, oft in der Größe bis 9x12cm, wird in dünne Blechkassetten eingefüllt, die einzeln mit Glasplatten (kaum noch erhältlich) bzw. Planfilm (heute noch gängig) beschickt werden.

Im Vergleich zu normalen Suchern ermöglicht die Mattscheibe eine bessere Kontrolle stürzender Linien, weswegen viele Kameras dieses Genres mit Verstellmöglichkeiten in zumindest einer Achse ausgestattet sind. Bessere Modelle können in zwei Richtungen shiften.

Die hier exemplarisch aufgeführte Zeiss Ikon Ica Trona 210 (hier zusammengeklappt) ist mit Tessar 1:4,5 13,5cm in einem Compur-Verschluß ausgestattet. Verschlüsse dieses Kameratyps haben neben den normalen Zeiten (hier von 1/200 sec bis 1 sec) immer auch die Stellungen T und B, ohne die ein Scharfstellen mit Mattscheibe gar nicht möglich wäre. Die Objektivstandarte läßt sich vertikal und horizontal verstellen.

In Vergessenheit geraten ist neben vielen anderen der Hersteller Dr. August Nagel, Stuttgart, der Planfilmkameras mit Lauder-Anastigmat f:4,5 13,5cm in Compur-Verschluß anbot.


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